Walter Burger
Walter Burger (Bild: Hannes Thalmann)

Biografie

Die Biografie folgt grösstenteils der Quelle [1].

Walter Burger, 1923 in Emmen (LU) geboren, begann seine Künstlerkarriere mit dem Besuch der Kunsthochschule in St. Gallen. Danach arbeitete er mit Hans Stocker External link in Basel und mit Carl Walter Liner External link in Paris, wo er sich nebst der Fresko- und Glasmalerei auch der Landschaftsmalerei widmete. Nach der Teilnahme an einem Wettbewerb für die malerische Ausgestaltung der Dreifaltigkeitskirche Heiligkreuz in St. Gallen, bei dem Burger, erst 25-jährig, von der Jury den Zuschlag erhielt, widmete er sich verstärkt verschiedenen Projekten von Kunst im öffentlich-profanen und -sakralen Raum. In der Stadt St. Gallen und Umgebung sind zahlreiche Werke (Plastiken, Installationen, Gemälde) von Burger realisiert worden. Daneben schuf Burger weiterhin Gemälde (Öl, Acryl, Eitempera) und Reliefs (Blech, Eisen, Email, Holz) sowie zahlreiche Aquarelle und Zeichnungen, die im Kontext der abstrakten, informellen Malerei gesehen werden können.

Die Anfänge: künstlerische Ausbildung

Obwohl in Emmen im Kanton Luzern geboren, wuchs Walter Burger in der Ostschweiz auf. Seine Jugend- und Schulzeit verbrachte er in St. Gallen, wo er ab 1938 auch für drei Jahre die Kunstgewerbeschule besuchte. Nach weiteren fünf Jahren, in welchen Burger als Grafiker im Atelier Weiskönig in St. Gallen tätig war, begab er sich zur weiteren künstlerischen Ausbildung nach Basel und wurde Schüler von Hans Stocker, einem Schweizer Kunstmaler, der vor allem für seine moderne Glasmalerei in sakralen Bauten Berühmtheit erlangt hatte. Dieses Handwerk lehrte er, nebst der Freskomalerei und dem Umgang mit Keramik und Mosaik, von nun an auch seinem Schüler Walter Burger. Bei Burgers erstem und anonym gehaltenen Kunst-am-Bau Wettbewerb für die Dreifaltigkeitskirche St. Gallen wurde sein eingereichter Vorschlag dann auch für jenen von Hans Stocker gehalten.

Auf zwischenmenschlicher Ebene sehr bedeutend war neben der lebenslangen Freundschaft, die Walter Burger mit Hans Stocker verband, die Freundschaft, die er mit Stockers jüngerem Bruder Coghuf (Ernst Stocker) External link pflegte. Gemälde Walter Burgers, die Coghuf mit seiner Familie zeigen, zeugen davon. Während seiner Arbeit für Hans Stocker besuchte Burger das nahe Ausland und war in Frankreich, Italien und Jugoslawien unterwegs, unter anderem mit dem bekannten Appenzeller Maler Carl Walter Liner, mit welchem er die Landschaftsmalerei en plein air trainierte. Eine wegweisende Entwicklung sollte Burgers Künstlerlaufbahn 1949 mit der malerischen Ausgestaltung der Dreifaltigkeitskirche in Heiligkreuz, St. Gallen, nehmen.

Kunst am Bau: Kunst im öffentlich-sakralen und -profanen Raum

Dem Bau der katholischen Kirche Heiligkreuz in St. Gallen geht eine fast 50 Jahre lange Verhandlungsgeschichte voraus. Obwohl erste Pläne zur Erstellung einer Pfarreikirche in Heiligkreuz bereits um die Jahrhundertwende diskutiert wurden, erfolgte deren Grundsteinlegung erst 1948. Fertigstellung und Eröffnung der Kirche fanden im Jahr 1950 statt. Der Einweihung der Kirche ging ein Projektwettbewerb voraus, bei dem sowohl die architektonische als auch die malerische Ausgestaltung bestimmt werden sollten. Zum Architekten wurde Johannes Scheier bestimmt, welcher seine Arbeit aufgrund seines frühzeitigen Todes nicht eigenständig zu Ende führen konnte. Für die Wandmalereien im Inneren der Kirche wurde, und dies, wie immer wieder betont wird, unerwartet, der damals noch junge und unbekannte Künstler Walter Burger ausgewählt. So heisst es in der Jubiläumsschrift zum 50-jährigen Bestehen der Dreifaltigkeitskirche Heiligkreuz über das Resultat im anonymen Wettbewerb:

Bei der Öffnung der Umschläge war die Überraschung perfekt: der junge, 26-jährige Walter Burger stach alle damaligen Maler mit Rang und Namen aus. Das Gerücht machte die Runde, die Jury habe bei der Beurteilung geglaubt, das Werk von Hans Stocker ausgewählt zu haben. Sollte dies zutreffen, war die Überraschung doppelt so gross: dem jungen Schüler wurde der Vorrang gegeben statt seinem in der öffentlichen Wertschätzung auf dem Höhepunkt stehenden Lehrmeister Hans Stocker. [2]

Walter Burger stach nicht nur seinen Lehrer, sondern auch Ferdinand Gehr, August Wanner und Albert Schenker aus. Die Malereien im Inneren der Kirche waren mit grossem Aufwand verbunden, so dass Burger oft mitten in der Nacht in die Kirche ging, um die Malereien feucht zu halten. Für seine Ausmalung der Apsiden und der gross angelegten Deckenmalerei erhielt Walter Burger nicht nur Lob, so hiess es unter anderem:

der Wolkenhimmel in der Mittelapside sei ein Wirrwarr und gleiche einer Atomexplosion» oder «der sogenannte Gute Hirte in der Apside rechts gleiche mit seiner Athletengestalt und seiner finsteren Miene eher einem schrecklichen Richter als einem liebevollen Betreuer seiner Herde […] [2]

Besonders interessant ist dabei die erste Aussage, verweist sie doch auf die in den 1950er Jahren heiss diskutierten Thematik der neuen Abstraktion in der Malerei. Zu diesem Zeitpunkt wurde dem immer häufiger abstrakt malenden Burger, so doch auch genug Gegenständlichkeit attestiert – im Gegensatz etwa zu seinem Wettbewerbskonkurrenten Ferdinand Gehr. Der gewonnene Wettbewerb in Heiligkreuz setzte für Burger den Startschuss, sich weiterhin in Kunst-am-Bau-Projekten zu betätigen.

Künstlerisches Schaffen im historischen Landhaus Rappenstein in Berg (St. Gallen)

Im Jahr 1960 kauften Walter Burger und seine Frau, Maria Burger, das Schlössli Rappenstein in Berg. Über 50 Jahre haben sie, zuerst allein, bald darauf mit ihren drei Söhnen darin gelebt. Das Haus war prägend für das Schaffen von Burger. Nicht nur hat er selbst am Haus Änderungen vorgenommen, sondern das alte Haus hatte ihm auch Material zur Weiterverarbeitung geboten. So hat er sich vor allem des Holzes bedient und es künstlerisch verwendet, viele seiner Holzreliefs sind daraus entstanden, obschon er bis dahin nur selten mit Holz gearbeitet hatte.

Auch hier zeigt sich, wie bei den Kuvertzeichnungen, ein sehr praktischer Zugang zur Kunst: er arbeitete mit dem Material, das oft schon zur Verfügung stand. Nebst der Tatsache, dass dieses Material schlicht «da» war, betont Roland Wäspe auch dessen Authentizität und die Begebenheit, dass das Material eine nicht nur oberflächliche, sondern auch inhaltliche Geschichte in sich trug und reale Lebensspuren aufwies. Denn Burger hatte stets eine Faszination für historische Objekte gehegt. Gemäss Maria Burger sei ihr Mann immer ein Sammler gewesen, hätte oft alte Möbel mit nach Hause gebracht oder sonstiges Material, welches ihm gefiel oder er weiterzuverarbeiten dachte. Viele der Motive von Walter Burgers Bildern kreisen um den Rappenstein, die Möblierung, die Türen und seine Bewohner.

Ausstellungstätigkeiten, Eidgenössische Kunstkommission, GSMBA und Zusammenarbeit mit anderen Künstlern

Obwohl Walter Burger oft allein in seinem Atelier gearbeitet hatte, war er, betrachtet man seine Ausstellungstätigkeiten, ein Teamplayer. An den alljährlichen GSMBA-Ausstellungen war er ab 1950 fast immer vertreten, bis Mitte der 1980er Jahre. Auch an anderen Gruppenausstellungen in der ganzen Schweiz nahm er teil: Ausstellungen für Grafik, Plastik, Kirchenkunst oder Glasmalerei – vielfältig präsentierte sich Burger der Öffentlichkeit und gewährte somit einen Einblick in sein freies Schaffen.

Doch nicht nur die unzähligen Gruppenausstellungen betonen Walter Burgers soziale Einstellung gegenüber anderen Künstlern, sondern auch sein Einsatz, vor allem für junge Künstler, in der eidgenössischen Kunstkommission bestätigt diese. Er war jahrelanges GSMBA-Mitglied und engagierte sich stark für die Ostschweizer Kunstszene. Oft liess er andere (jüngere und/oder unbekanntere) Künstler an seinen Kunst-am-Bau Projekten Teil haben und bot diesen somit nicht nur die Zusammenarbeit mit arrivierten Künstlern, sondern trug zu deren finanziellen Unterstützung bei. Seine Grosszügigkeit und Toleranz führte dazu, dass Burger von Künstlerkollegen nicht nur für seine Arbeit, sondern auch als Mensch sehr geschätzt wurde. Bis heute ist Walter Burger als Doyen der St. Galler Kunstszene bekannt, gilt als prägende Persönlichkeit für die Entwicklung der Ostschweizer Kunstszene und wird hoch dafür angesehen, dass er viel für andere Künstler getan und weniger sein eigenes Schaffen in den Mittelpunkt gesetzt hätte.

Im Gegensatz zur Zusammenarbeit mit anderen Künstlern waren Kollaborationen mit Galerien weniger nach Burgers Geschmack. Vor allem, weil er sich nicht einschränken wollte und frei sein wollte in der Entscheidung, was er wo und wie ausstellen wollte. Dass er, wenn überhaupt in Galerien, oft bei Doppelausstellungen mitwirkte, könnte damit zu tun haben, dass er nicht gerne im Mittelpunkt stand und immer wieder Bescheidenheit im Bezug auf sein Schaffen zeigte. Der Kunstbetrieb zur Zeit, in der Burger am aktivsten gewesen war, hatte sich gemäss Roland Wäspe stark von der gegenwärtigen Situation unterschieden. Das monographische Ausstellen von jüngeren Künstlern in Galerien sei noch nicht so verbreitet gewesen wie heute, sondern man habe jüngere Tendenzen eher in Gruppenausstellungen zusammengefasst. Zudem war Burger Teil einer Generation, die durch erfolgreiche Beteiligung an Kunst-am-Bau-Wettbewerben keine Not hatte, exzessiv in Galerien auszustellen.

Obwohl Walter Burger bereits in frühen Jahren Anerkennung für sein künstlerisches Schaffen erhielt – der bereits erwähnte Wettbewerbssieg in Heiligkreuz, aber auch der Erhalt von zwei Stipendien, 1958 für angewandte und 1960 für bildende Kunst – wurde er vor allem in seinen letzten Lebensjahren für sein riesiges Oeuvre gerühmt. Im Jahr 2000 erhielt er den Jahrespreis der St. Gallischen Kulturstiftung und durfte gleichzeitig dazu eine Ausstellung im Regierungsgebäude der Stadt St. Gallen realisieren. Zwei Jahre nach seinem Ableben wurde Burger dann mit einer Übersichtsausstellung seines Werks im Kunstmuseum St. Gallen geehrt. In dessen Jahresbericht 2012 hiess es über die Ausstellung:

Die Ausstellung spannt den Bogen von den frühen Ölgemälden, die sich an der analytischen Sicht seines Lehrers Hans Stocker orientieren, über die Studien zu den Skulpturen der 1960er und 1970er Jahre und die zugehörigen Plastiken aus geschmiedetem Eisen und emaillierten Farbtafeln bis hin zu den filigranen Zinkblechskulpturen der letzten Jahre. Grossformatige Acrylbilder zum Thema ‘im Boot’ standen den Zeichnungen auf Briefkuverts gegenüber, die in inspirierter Zweitverwendung das zugesandte Verbrauchsmaterial nutzen. [3]

Spricht man heute mit Leuten aus dem Raum St. Gallen, die sich für den Kunst- und Kulturbetrieb interessieren oder Teil davon sind, so hört man viel Lob für Walter Burger und sein Werk. Man könne kaum in der Stadt St. Gallen leben, ohne von Zeit zu Zeit irgendwo über einen «Walter Burger» zu stolpern. Sein «Burgerblau» ist in aller Munde und die Bezeichnung des «Doyen der Ostschweizer Kunstszene» fällt oft. Seine Reputation sowie sein ausserordentliches, eine sehr hohe Qualität aufweisendes, Werk tragen hoffentlich dazu bei, dass dem Künstler Walter Burger noch lange, und vielleicht sogar in einem weiteren räumlichen Kontext, erinnert und Respekt gezollt wird.